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Lutherweg komplett
Du bist gefeuert! Das widerfährt 1533 Lorenz Liebold. Kurz und bündig urteilt die Überprüfungskommission des Kurfürsten: „Der Pfarrer zu Gera ist gar ungeschickt bei der Predigt, den Zeremonien und in seinen Lebensverhältnissen vorgefunden worden, ist deswegen auch von der Pfarrei abgeschafft.“ Wie hart den Mann der Rausschmiss traf, ist nicht überliefert. Doch ohne das vernichtende Urteil der Spalatin-Kommission stünde Liebolds Name und die Kündigungsbegründung heute nicht auf einer Tafel zwischen Goethe-Gymnasium und Geraer Stadtmuseum.
In Gera beginnt die Reformation später
Der Tag, an dem die Prüfer Liebold feuern, markiert die Einführung der Reformation in der Stadt an der Elster. 1526 noch war Luther, der einen evangelischen Prediger nach Gera verordnet hatte, am politisch und religiös motivierten Widerstand der Stadträte und des Herrn auf Schloss Osterstein gescheitert. Erst die durch den Kurfürsten befohlene Visitation am 2. September 1533 bringt die Wende. Zu diesem Thema gab es bereits 2013 die vorzügliche Ausstellung „Zwischen Kaiser und Kurfürst“ im Geraer Stadtmuseum.
Ringsum die Gemeinden und Städte sind längst evangelisch, als 16 Jahre nach dem Thesenanschlag zu Wittenberg die Reformation in Gera Fuß fasst. Insofern ließe sich lästern, dass ein Jahr Verspätung ein Klacks ist, wenn morgen offiziell der Lutherweg-Abschnitt Gera eröffnet wird. Dass der Lückenschluss erst jetzt erfolgt, hat mit der Finanznot der Stadt zu tun, die 2014 ihr Teilstück im über 1100 Kilometer durch Thüringen führenden Lutherweg zur Disposition stellen musste.
Als drohte, dass die bereits geleistete Vorarbeit von Stadtverwaltung, Stadtmuseum und Berufsbildungszentrum Otegau nicht zum Abschluss kommt, sprangen Geraer Bürger in die Bresche. Stadtwaldbrückenverein und Ökumenischer Kirchbauverein übernahmen die Verantwortung für die Vollendung des Weges. Die Finanzierung wurde durch Landesförderung und Zuschüsse, auch der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands, abgesichert.
Sogar eine neue Landmarke am Weg konnte in Auftrag gegeben werden. Seit einer Woche steht im Geraer Stadtwald ein gut vier Meter hohes und 2,30 Meter breites Reformationskreuz aus Eichenholz. Geschaffen hat es der Holzdesigner Marcus Malik, den Auftrag vergab der Kirchbauverein.
Mit Landmarken an die Reformation zu erinnern, hat hierzulande eine lange Tradition. So wurde in Gera zum 300. Jahrestag der Reformation eine Linde gepflanzt. Mit herbstlichem Gold rahmt zurzeit der prächtige Baum den Blick auf die Stadt und ist ein markanter Wegpunkt. 12 Tafeln insgesamt säumen auf 20 Kilometern das Geraer Teilstück zwischen Collis im Osten und Liebschwitz im Süden, erläutern kurz die Beziehungen des Ortes zur Reformation, greifen spannende Details auf, zeigen Abbildungen längst nicht mehr vorhandener Bauten und weisen den Weg zum nächsten Ziel.
Inhaltlich konzipiert wurden überall in Thüringen die Tafeln jeweils vor Ort. Dank zentraler Vorgabe durch das Tourismusministerium sind sie einheitlich gestaltet. Wer dem grünen „L“ auf weißem Grund folgt, kann über 1000 Kilometer durch Thüringen wandern. Das ist eine grandiose Einladung für Lutheraner, wenn sie 2017 zum 500. Jahrestag des Thesenanschlags aus aller Welt ins Kernland der Reformation strömen werden. Es ist aber auch eine wunderbare Einladung an jeden Thüringer, sich die eigene Geschichte zu erwandern.
Laut Luther ist Pilgern „Narrenwerk“
Dass Wanderer gern Wegweisern folgen, davon singen die Wanderpfade zwischen Rennsteig und Rheinsteig ein Lied. Auch Pilgern ist nicht erst seit „Ich bin dann mal weg“ wieder in. Der Lutherweg verbindet beides, wobei nicht verschwiegen werden soll, dass dem Reformator Pilgern suspekt war. Berufspilger hatten es in Verruf gebracht, die gegen Bezahlung für reiche Leute die beschwerliche Reise auf sich nahmen. Für Luther war Pilgern „Narrenwerk“ und er spottete über den Jakobsweg „Lauft nicht dahin, man weiß nicht, ob Sankt Jakob oder ein toter Hund daliegt.“ Mit der Reformation endet der Pilgerboom, der im Mittelalter die katholische Kirche zum großen Reiseveranstalter gemacht hatte. Das Gehen als beste Medizin des Menschen wird wieder entdeckt, als die eigenen Füße längst nicht mehr Fortbewegungsmittel Nummer 1 sind. Im kleinteiligen Thüringen ist Wandern nicht nur besonders entspannt möglich, es bietet schon immer auch zahlreiche Gelegenheiten, Geschichte und Kultur zu begegnen.
Schon der Herzog von Sachsen-Meinigen ließ im Glasbachgrund bei Steinbach zum Gedenken an die vorgetäuschte Gefangennahme Luthers einen Obelisken errichten. An ein Fußbad erinnert der Lutherstein in Tambach. Das Bad und ein Schluck reinen Wassers aus dem Tammichgrund sollen Luther 1537 von einer Nierenkolik geheilt haben, weshalb der Brunnen seit 1717 Lutherbrunnen heißt. Vielleicht war aber auch der holprige Rennsteig die Ursache. Natürlich wächst die Dichte der authentischen Lutherorte, nähert sich der Wanderer Eisenach und Erfurt.
Doch auch Jena kann mit mehreren Aufenthalten Luthers zwischen 1522 und 1530 glänzen. Als Junker Jörg nächtigte er im „Gasthof zum Schwarzen Bär“ im März 1522. Noch heute erinnert daran das Lutherzimmer im Hotel. Jena war Druckort der Jenaer Lutherbibel-Ausgabe. In der Stadtkirche predigte Luther, dort ist er nicht begraben, aber seit 450 Jahren seine Grabplatte zu bewundern.
Drei Tage nach Luthers Tod am 18. Februar 1546 gibt der Kurfürst eine Bronzeplatte mit dem lebensgroßen, ganzfigurigen Bildnis Luthers für die Wittenberger Schlosskirche in Auftrag. Zwei Jahre später ist sie fertig, doch inzwischen ist Johann Friedrich in kaiserlicher Gefangenschaft und hat Wittenberg und die Kurfürstenwürde verloren. Bis 1571 dauert der Familienstreit mit Krimiqualität, dann bestimmt Johann Wilhelm, die Grabplatte soll in der Stadtkirche Jena aufgestellt werden, da seit 1558 die Stadt die neue ernestinische Landesuniversität beherbergt.
Protestantische Begräbniskultur
Um Tod und Sterben und den eingangs erwähnten Lorenz Liebold geht es auch an der Wegstation Alte Johanniskirche, bis zum Bau der Salvatorkirche zum Reformationsjubiläum 1717 einzige Pfarrkirche innerhalb der Stadtmauern. Ein erstes Mal brennt sie 1450 ab, als im sächsischen Bruderkrieg die Hussiten Gera brandschatzen. Im Dreißigjährigen Krieg fackeln die Schweden 1649 die Wiederaufgebaute erneut ab. Nach ihrer dritten Vernichtung beim Stadtbrand 1780 schließlich gibt die Stadt den Standort auf. Beim Öffnen der Kirchengruft 1922 aber findet man 12 Metallsärge, darunter den Sarkophag des 1635 verstorbenen Landesherrn Heinrich Posthumus, Zeugnis und Prunkstück protestantischer Begräbniskultur.
Offizielle Eröffnung des Geraer Lutherwegs mit Spaziergang zum Lutherkreuz, ökumenischer Andacht und Fest, 31. Oktober, 11 Uhr, Treffpunkt Hofwiesenpark Angelika Bohn / 30.10.15 / OTZ
Erste von 12 Lutherweg Tafeln

Erste von zwölf Lutherweg-Tafeln
Auf der Martinshöhe steht sie, die erste Informationstafel. Am 31. Oktober, zum Reformationstag, soll die Wanderpremiere stattfinden.
Gera. Zwölf großformatige Lutherweg-Tafeln informieren künftig zur Geraer Reformations-, Stadt- und Kirchengeschichte. Sie dienen auch als Wegweiser und zeigen den Punkt des Lutherweges an, an dem sich die Wanderer, Spaziergänger und Pilger befinden, für die der Weg gedacht ist.
Fast 20 Kilometer lang ist der Gera durchziehende Lutherweg-Abschnitt. Er gehört zum mitteldeutschen Pilger- und Wanderweg, der über rund 1000 Kilometer durch Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Randgebiete Bayerns und Hessens verläuft. Seit gestern hat die erste Lutherweg-Infotafel ihren Platz an der Martinshöhe.
Weitere Tafelstandorte sind vorgesehen an Kirchen der Stadt und bedeutsamen Stätten der Reformation in Gera. Der Lutherweg entsteht anlässlich des Reformationsjubiläums im Jahr 2017 und damit 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag.
Den Geraer Weg bauen der Förderverein Stadtwaldbrücken Gera und der Ökumenische Kirchbauverein Gera in Kooperation mit der Stadt Gera und der Otegau GmbH. Mehr als 10 000 Euro Eigenmittel brachten die beteiligten Vereine auf, unter anderem unterstützt von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands. Fördermittel in Höhe von über 30 000 Euro stellte der Freistaat Thüringen bereit. Mit den Mitarbeitern des Otegau-Projektes konnten die Markierungs- und Wege-Instandhaltungsarbeiten sowie das Aufstellen der Tafeln durchgeführt werden.
„Am 31. Oktober soll der Geraer Lutherweg-Abschnitt freigegeben werden. Wir laden herzlich ein in den Hofwiesenpark um 11 Uhr am Reformationstag“, so Heinrich-Dieter Hischer, Chef des Stadtwaldbrücken-Fördervereins. Dass an der Martinshöhe die erste Infotafel entstand, habe logistische Gründe. Baudezernentin Claudia Baumgartner (parteilos) schätzt die treibende Kraft der Vereine und die vielfältigen Effekte: „Gera ist mit diesem Weg an das überregionale Lutherweg-Netz angeschlossen. Das nützt uns touristisch“, sagte sie.
Quelle:OTZ
Über 750 grüne „L“ für Lutherweg in Gera
Über 750 grüne „L“ für Lutherweg in Gera
Geraer Stadtwaldbrücken-Förderverein ist Projektträger des Geraer Lutherweg-Abschnittes – Rund 35.000 Euro Fördermittel gibt der Freistaat Thüringen dazu
Mitteldeutschland und Randgebiete Bayerns und Hessens bauen einen Lutherweg. Er verbindet anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums im Jahr 2017 mitteldeutsche Wirkungsstätten von Martin Luther. Der überregionale Wander- und Pilgerweg durchzieht Gera auf etwa 20 Kilometern Länge. Rund 750 Markierungen in Form des markanten grünen „L“ weisen den Wegeverlauf aus. Dieser zieht sich auf bereits vorhandenen Wanderwegen und Straßen von Alt-Taubenpreskeln, Zwötzen über den Stadtwald bis zum Ferberturm und weiter über Collis an die Grenze zu Ronneburg. Markierungen entstehen in Form von 10 x 10 cm großen Aluschildern oder Aufklebern, die auf Pfosten von Ampeln, Schildern und Laternenmasten angebracht werden. Die beispielsweise im Stadtwald wegweisenden Bäume erhalten in gleicher Größe eine Farbmarkierung. So nehmen sie keinen Schaden.
Der Geraer Stadtwaldbrücken-Förderverein ist Projektträger des Geraer Lutherweg-Abschnittes. Rund 35.000 Euro Fördermittel gibt der Freistaat Thüringen dazu. Der Verein kooperiert eng mit der Stadtverwaltung Gera, mit dem Ökumenischen Kirchbauverein Gera e.V. – der ein gesondertes Teilprojekt unterstützt sowie mit der OTEGAU, dem Jobcenter Gera und der Initiative Handicap. Entstanden ist die Idee der Trägerschaft des Lutherwegs durch den Verein in der Grünwerkstatt „Stadtwald entdecken“ unter Regie des ehemaligen Baudezernenten Ramon Miller für Verschönerungen im Stadtwald. „Weil der Lutherweg auch durch den Stadtwald führt und den Wald für Geraer und Gäste attraktiver macht, interessiert uns das Projekt. Ich freue mich, dass wir mit allen Beteiligten gut Hand in Hand arbeiten und wir so im Zeitplan liegen. Am 31. Oktober zum Reformationstag sollen die Markierungs- und Instandhaltungsarbeiten abgeschlossen sein“, so Vereinsvorsitzender Heinrich-Dieter Hischer anlässlich der „Markierungshalbzeit“. Rund 350 der Markierungen sind vom Team der OTEGAU bereits angebracht. Geras neue Dezernentin Bau und Umwelt, Claudia Baumgartner, traf innerhalb ihrer Kennenlerntouren auf die Grünwerkstätter an einem der neuen „L“-Wegweiser: „Ich bin begeistert vom ehrenamtlichen Engagement für den Lutherweg, den Stadtwald und die Stadt. Sehr gern würde ich die gute Zusammenarbeit fortsetzen“, so Baumgartner.
Der Verein und die Luther-Weg-Kooperation arbeiten außerdem an großformatigen Informationstafeln, die entlang des Lutherweges Stätten und Ereignisse der Reformationszeit erklären sollen. Zudem planen sie die komplette Umgestaltung der Fläche rund um die Lutherlinde, die am künftigen Lutherweg liegt und für die die Stadtverwaltung Planungen entwarf. Außerdem grübelt die Gruppe noch über ein Highlight im Stadtwald, das Geraer und Gäste locken soll, den schönen und so nah an der Stadt gelegenen Wald zu entdecken.
BU Foto
Während der Kennenlern-Touren von Claudia Baumgartner gab es auch die erste Begegnung an den neuen Lutherweg-Markierungen mit den Mitgliedern der Grünwerkstatt „Stadtwald entdecken“. Hier an der Puschkin-Eiche (v.l.): von der OTEGAU Sascha Neudert, Fachdienstleiter Umwelt Konrad Nickschick, OTEGAU-Anleiter Michael Zumpe, Dezernentin Claudia Baumgartner, Fachdienstleiter Stadtgrün Matthias Mittenzwey, Vereinsvorsitzender Heinrich-Dieter Hischer und OTEGAU-Geschäftsführerin Roswitha Schmeller. Foto: Stadtverwaltung/Catrin Heinrich