Was der Stadtwald leistet und wie er leidet

Matthias Mittenzwey steht neben etwa einem Hektar Wald, Fichten, die dem Borkenkäfer zum Opfer fielen und binnen weniger Wochen eingegangen seien.  Marcel Hilbert

Marcel Hilbert

Gera „Es ist ein guter Zeitpunkt, über den Wald zu sprechen“, sagt Konrad Nickschick. Speziell über den Stadtwald, über seinen schwierigen Zustand und was dies für seine Funktion fürs Stadtklima bedeutet, wollen der Geraer Umweltamtsleiter und weitere Protagonisten am Freitag, 21. August, 16 Uhr, in einer Vortrags- und Diskussionsrunde im Klima-Pavillon informieren.

„Der Geraer Stadtwald: Entscheidend für unser Stadtklima“ ist die Veranstaltung von Stadtverwaltung, ThüringenForst und dem Förderverein Stadtwaldbrücken überschrieben. „Wir wollen den Stadtwald würdigen, immer wieder seine Bedeutung ins Bewusstsein rufen für das Stadtklima in doppelter Hinsicht“, sagt Heinrich-Dieter Hischer von dem Geraer Verein. Einmal für das Klima in naturwissenschaftlicher Hinsicht, „zum Beispiel als wichtiger Frischluftproduzent“, so Matthias Mittenzwey, Leiter des Amtes für Stadtgrün. Zum anderen fürs „Wohlfühlklima“, sagt Hischer, als Ausflugsziel für Geraer und Touristen gleichermaßen.
837 Hektar Wald in kommunaler Verantwortung

Letzterem wird sich Hischer in dem dreigeteilten Vortrag widmen. Zuvor stellen Matthias Mittenzwey und Daniel Heinrich von ThüringenForst den Stadtwald vor, ehe Konrad Nickschick und Studentin Amelie Galke die Leistung des Stadtwaldes fürs Klima skizzieren. Es gehe auch um den Gedanken, dass man eher schützenswert erachtet, was man auch kennt, meint Nickschick. Zwar war aus diesem Grund zunächst auch eine geführte Wanderung im Anschluss geplant, die aber nun aus personellen Gründen nicht stattfinden kann. Jedoch spräche im Nachgang nichts gegen einen spontanen gemeinsamen Spaziergang im Stadtwald.

Mit dem ist im Kontext der Veranstaltung der zusammenhängende, gut 1500 Hektar große Wald westlich der Weißen Elster gemeint und von dem sich wiederum 837 Hektar in kommunaler Verantwortung befinden – also Stadtwald im engeren Sinne. Der wird im Übrigen von einem Revierförster betreut.Trockenheit, Sturm, Schädlinge, Feuer

Natürlich werden in der Veranstaltung die Probleme des Waldes durch den Klimawandel, durch Extremwetter und vor allem durch Trockenheit und ihre Folgen einigen Raum einnehmen. „Bäume reagieren auf den Trockenstress mit dem Abwurf von nicht überlebensnotwendigen Ästen, ihre Kronen trocknen zurück und es entsteht ein hoher Schadholzanteil“, erklärt Matthias Mittenzwey in einer städtischen Pressemitteilung zur Situation des Stadtwaldes. Eine so geschwächte Vegetation sei besonders anfällig für den Befall von Forstschädlingen wie etwa dem Borkenkäfer. Zur Schädigung des Waldes und zum Rückgang des Baumbestandes hätten darüber hinaus auch Stürme beigetragen. Waldbrände, deren Gefahr durch die Trockenheit zunimmt, kommen noch dazu, zehn Brände mussten seit 2019 im Stadtwald gelöscht werden.

Das Ergebnis all dessen: Ein deutlicher Rückgang des Baumbestandes, insbesondere der Fichte, aber auch Kiefern und Lärchen sind betroffen. Zwar sei im Geraer Stadtwald aufgrund seines hohen Laubholzanteils – laut Mittenzwey rund 25 Prozent – nicht mit dem Absterben größerer Bereiche zu rechnen. Doch würden mittlerweile auch Laubbäume Schäden aufweisen. Besorgniserregend sei Mittenzwey zufolge das Leiden und Absterben einer Vielzahl als robust geltender Buchen innerhalb von nur wenigen Wochen in Gera. Die Waldschäden hätten neben den Folgen für Stadtklima und Umwelt auch wirtschaftliche Folgen. Der hohe Schadholzanteil führe zu rapide sinkenden Holzpreisen. So seien laut Mittenzwey nur aufgrund staatlicher Subventionen noch Einnahmen in diesem Bereich zu erzielen; zum Teil finde man aufgrund des gesättigten Marktes auch keinen Abnehmer mehr. Umso wichtiger seien konsequente Gegenmaßnahmen. Zum einen durch jeden einzelnen, in dem eben bei Waldbrandgefahr aufs Rauchen und offene Feuer im Wald verzichtet wird – ganz zu schweigen vom Thema Müllvermeidung.Trotz Waldumbau dramatische Lage

Zum anderen durch den langfristigen Waldumbau. „Deutschland muss weg von naturfernen Fichten- und Kiefernwäldern. Es braucht klimastabile und also standortgeeignete, vielgestaltige und gut gepflegte Mischwälder“, so der Sprecher von ThüringenForst Horst Sproßmann, in der städtischen Mitteilung. „Seit Jahren entfernen wir uns im Geraer Stadtwald von Reinbeständen aus Fichte und Kiefer hin zu einem gemischten Baumartenbestand mit hohem Laubholzanteil aus Eiche, Ahorn, Kirsche und Buche“, ergänzt Mittenzwey dazu. Neben Neupflanzungen und Naturverjüngung nicht zu vernachlässigen sei dabei, dass inzwischen auch rund zehn Hektar Stadtwald durch Erstaufforstung hinzugekommen seien, sagt er. Über das sogenannte Ökokonto würden so Ersatzmaßnahmen für künftige Bauprojekte geschaffen.Doch obwohl man in Gera den Waldumbau schon vor den zuletzt besonders trockenen drei Jahren vorangetrieben hat, sei die aktuell Lage nicht weniger dramatisch, wie Mittenzwey mehrfach betont. Es sei vor allem die bislang nicht gekannte Geschwindigkeit der Veränderung, die dem Wald zu schaffen macht, ergänzt Konrad Nickschick.

Vortrag zu Stadtwald und Stadtklima: Freitag, 21. August, 16 Uhr, Klima-Pavillon auf der Fläche vorm KuK. Eintritt frei, Moderation: Rüdiger Wildt Text

Quelle OTZ.de